Umgang mit KI, Stand: April 2025

Ich gebe direkt den Zeitstempel im Titel dieses Textes mit, weil sich die Welt schnell ändert und meine Meinung nicht unumstößlich ist. Und die Einschränkung, dass ich mit „KI“ in diesem Text die GENERATIVE KI meine und diese kritisiere. Der Begriff KI wird oft synonym für jeden Softwarefurz verwendet, der etwas auf einen Klick automatisiert, wo ansonsten drei Klicks nötig gewesen wäre. Jedes Rennspiel auf dem C64 hat KI. Um die geht’s hier nicht, sondern um diese Mustererkennungs-LLMs, für die „generativ“ das völlig falsche Wort ist, weil sie sich nur an bekannte Dinge annähern. Wenn ich ein „Malen nach Zahlen“-Bild auffülle, bin ich auch nicht generativ, und wenn ich beim Ausmalen andere Farben aussuche, macht mich das noch nicht kreativ. Generative KI ist eine Plagiatsmaschine. Ich könnte über die absurden Halluzinationen und die irren Energiekosten der Serverfarmen schreiben, die hier reinspielen …

Aber ich schweife ab, bevor ich angefangen habe.

Letztens hatte ich diesen Gedanken:

Szene aus „Star Trek V“. Kirk klettert am Berg, Spock schwebt auf Fliegeschuhen neben ihm. Kirk = Kunst. Spock = KI.

Jetzt ist „Star Trek V“ nicht gerade ein Höhepunkt des Franchise, aber wir wissen alle noch, warum Kirk auf Berg kraxelt:

Weil er da ist.

Spock, der alte Logiker, schnallt sich die Flugstiefel um und düst einfach hoch, kann nicht verstehen, dass sich jemand da die Mühe macht, wo es doch viel leichter geht. (Und ja, ich weiß, die Szene endet damit dass Spock gerade noch so Kirk vorm tödlichen Sturz retten kann, denn anders als KI habe ich noch Sinn für Ironie, und apropos Ironie, natürlich wird auch dieser Text ungefragt zu Trainingsdaten für KIs werden, weil er in einem öffentlichen Blog steht, Ironie ist tot.)

So ist das mit KI, dem ultimativen Abkürzungsgerät. Sage ihr, was du willst, und du bekommst es. Halte dich nicht mit dem Prozess auf, komm einfach zum Endergebnis – und wenn das Endergebnis eine brauchbare Annäherung ist, reicht’s auch. Die Folge ist, dass alle Kanäle gerade mit mittelmäßiger Scheiße gefüllt werden. Klar, gerade die sozialen Medien waren in den letzten Jahrzehnten nicht gerade das Hochamt der Künste, aber nun werden die Kanäle mit automatisiert hergestellter mittelmäßiger Scheiße gefüllt. Nicht zuletzt von den Leuten, deren politische Agenda genau das ist: flooding the zone with shit. KI ist ein mächtiges Werkzeug, wenn man ablenken und überfluten will. Es wäre naiv zu denken, dass so was ohne Folgen bleibt.

Nun bin ich jemand, der viele unterschiedliche Medien konsumiert und auch produziert. Für mich gibt es nicht den einen perfekten Weg, wie ich mit dem Ausbreitung der KI umgehen kann. Generell ist für mich die Frage, wie transparent und ehrlich Medienschaffende mit KI-Einsatz umgehen. Aktuell scheinen mir zwei gegenläufige Trends vorzukommen: Leute, die generative KI großflächig einsetzen, möchten es am liebsten verschleiern, um mit automatisiertem Output ihre eigene nicht existierende Schaffenskraft zu überhöhen. Gleichzeitig schreiben Leute, die banale, spezialisierte KI-Tools verwenden und nur wenig generativ sind, diesen Einsatz transparent hin – und machen sich damit angreifbar, in die Ecke der KI-Faker gestellt zu werden. Eine Ecke, aus der die tatsächlichen Grifter, Betrüger und Nichtskönner pfeifend davonschlendern. Ich muss nicht jeden Photoshop-Filter oder jede Autokorrektur offengelegt bekommen, aber wenn wesentliche Bestandteile eines Werks mit GENERATIVER KI hergestellt worden sind, will ich das wissen.

Denn natürlich werden wir alle bald (oder schon jetzt) nicht mehr so einfach die generative KI erkennen, wie es jetzt meist noch der Fall ist.

Ehrlichkeit und Transparenz.

*guckt in den Zustand der Welt*

Naja, man darf hoffen.

Ich bin auch genervt von der ironischen Nutzung von KI. Oder dem KI-Kram, der mir demonstrieren soll, wie schlecht der KI-Kram ist. Es verstopft die Gedanken, es verzerrt die Wahrnehmung. Lasst das. Bitte. Meine Lunte ist kurz, inzwischen schmeiße ich Leute deswegen aus meinen Timelines, und wer seine ganze Linkedin-Identität auf KI-Services aufbaut und so tut, als wäre KI das Allheilmittel für krumme Füße bis alles andere, wird direkt geblockt.

Also, die unterschiedlichen Facetten für mich:

Als Leser: Inzwischen habe ich auf amazon schon eindeutige Fake-Autoren und -Verlage gefunden. KI-generierte Fotos, Cover, und der Text dieser „Bücher“ (die alle weniger als 100 Seiten haben) stammt sicher auch aus der Maschine. Ich verlinke diesen Dreck nicht, dem schenke ich keine Aufmerksamkeit. Noch sind das Randerscheinungen, aber ich fürchte, das wird mehr. Und ich fürchte auch, dass viel Publikum da draußen den Unterschied nicht bemerken kann oder einfach nicht bemerken WILL. Wir sind schon mittendrin.

Als Buchpodcaster: Was für mich als Leser gilt, gilt auch für mich als Buchpodcaster. Wenn ein Element in der Ecke eines Covers mit einem KI-Tool etwas umgestaltet wurde, was soll’s. Stammt das ganze Cover aus Midjourney, habe ich direkt Vorbehalte. Kann ich einfach so erkennen, dass der Text in einem Buch mit generativer KI erstellt wurde? Kommt drauf an. Letztlich muss ich darauf vertrauen, dass die Person, die auf dem Cover steht, da wirklich selbst geschrieben hat. Kann ich nachvollziehen, ob sie vielleicht ChatGPT zur Inspiration verwendet hat? Nein. Hätte ich Vorbehalte gegen das Buch, wenn so eine Verwendung im Vorwort oder Impressum offengelegt wird? OH JA. Wenn also niemand so was offenlegt, muss ich vertrauen. Wer mein Vertrauen missbraucht, wird geächtet.

Und wenn ich irgendwann einen Text oder ein Buch eines Autors lobe und später kommt raus, dass da maßgeblich mit KI gearbeitet wurde, und ich höre dann „HAHA! ERWISCHT!“, dann möchte ich jetzt schon sagen: du hast mich betrogen, du hast das stille Einverständnis mit mir als Leser gebrochen, dass ich an deinen Gedanken teilhaben kann. Wenn du deine Gedanken nicht selbst in Worte gießen kannst, hast du den Job verfehlt. Du bist kein Autor.

Als Übersetzer: Ich nutze keine KI-Tools. Null. Nada.

Als Autor: Hier noch mehr als bei Übersetzungen – ich will und brauche keine generative KI. Um Kommissar Schneider zu zitieren: ich ermittele ausschließlich mit meinem Gehirn! Darum geht es schließlich! Will ich CONTENT produzieren oder schreiben? Wer Content rausballern will, soll halt KI verwenden. Aber wer das tut, soll nicht erwarten, dass ich auch nur eine Sekunde meiner Zeit mit Lesen verschwende. Ich schreibe lieber. Ich besteige den Berg, weil er da ist.

Gerade ist ein Romanwettbewerb ausgerufen worden, bei dem auch ausdrücklich KI-Texte und -Cover erlaubt sind. Ich verlinke es nicht, weil ich das auch nicht mit Aufmerksamkeit ehren will, die richtigen Leute bekommen davon eh Wind. Die Jury möchte nur das Ergebnis bewerten, unabhängig davon, wie es entstanden ist. Sollen sie. Ich bewerte die Jury und den ganzen Wettbewerb mit ungefilterter Verachtung.

Und ich höre den Einwand schon: das ist doch nur Text, wenn das Endergebnis identisch oder zu 99% deckungsgleich ist, ob’s nun ein Mensch geschrieben hat oder aus der Maschine kommt, das ist doch egal?

Nein. Kontext entscheidet.

Fiktive Texte funktionieren, wenn sie mir die Fiktion als Realität vorgaukeln. Wenn ich glaube, dass ich da miterlebe, was reale Menschen tun, obwohl sie nicht existieren. Natürlich kann ich von einer KI verlangen, einen Dialog zwischen zwei verliebten Menschen zu schreiben. Dann extrapoliert sie aus allen Trainingsdaten die Essenz raus und macht daraus einen kleinen Text, der für sich okay ist. Vielleicht kann ich Tonlage und Haltung der Figuren per Prompt noch anpassen. Und vielleicht kommen in diesem Dialog auch die Worte „Ich liebe dich“ vor.

Es ist plagiierte und imitierte Liebe. Jaja, ich weiß, auch der KI-Texte könnte mir als Leser nahegehen, schließlich ist er ein „best of“. Aber darum geht es nicht. Prosa ist Telepathie. Ein Blick in Gedanken und Gefühle der Person, die da geschrieben hat, die im Idealfall meisterhaft ihre Figuren sprechen lässt.

Zielgerichtet. Empathisch. Überraschend. Drei Worte, die eine KI disqualifizieren. Jetzt. Auch nicht in Zukunft. Die KI-Dudes, die was anderes behaupten, wollen Investoren anlocken, sonst nichts.

Stammt „Ich liebe dich“ aus der KI, sind die Worte vielleicht identisch, aber nur noch eine Abfolge von Buchstaben ohne Bedeutung.

Als Computerspieler: Eines der aktuellen Mantras in der Branche ist, dass Spiele wieder kleiner werden müssen, weil – ÜBERRASCHUNG! – im wahren Leben gar nicht so viele Leute Zeit haben, jeden Monat etwas durchzuspielen, was 80 bis 100 Spielstunden verlangt. Wenn Spiele kleiner werden sollen, brauchen sie auch nicht mehr diese Massen an Assets, für die KIs angeblich so praktisch sind, oder? Warum wird dann trotzdem von einigen Leuten behauptet, dass man regelrecht gezwungen ist, sie einzusetzen? Nein, die Verwendung generativer KI in der Spieleentwicklung ist eine bewusste Entscheidung. Wer das als unausweichlich deklariert und betont, dass das alle tun, will den Gewinn optimieren. Nix gegen Gewinnoptimierung, mache ich auch, aber tut verdammt noch mal nicht so, als gäbe es keine Alternative. In der Spielebranche ist vor allem deswegen KI so attraktiv, weil man sich dann nicht mit diesen Firmen rumschlagen muss, die Betriebsräte oder Gewerkschaften bilden wollen.

Als Adventurepodcaster: Letztens habe ich ein Adventure angeschaut, und ich musste nur drei Sätze der Sprachausgabe hören, um die KI-generierten Stimmen zu erkennen. Nope. Dann bin ich raus. Bei KI-generierter Grafik genauso. Adventures haben einen narrativen Schwerpunkt und wenn die Umsetzung der Narration künstlich ist, will ich das nicht spielen. Und, nein, ich diskutiere auch nicht darüber. Es gibt sowieso zu viele Spiele da draußen, und ich halte mich an Adventures mit einer echten Handschrift.

Als Computerspieleautor: Die Gretchenfrage. Wie reagiere ich, wenn eine Firma mich anheuern möchte, um die mit ChatGPT erstellten Texte für ihr Computerspiel von mir aufgehübscht zu bekommen? Da kann ich den Kreis zu Mr Spock schließen, wenn er selbst Mustererkennung betreibt und sagt, wie er reagieren würde, wenn er als Mensch eine doofe Anfrage bekäme:

Ich könnte diesen Text mit dieser Pointe wunderbar enden lassen, nä? Und als der kreative Freigeist dastehen, mit im Wind wehenden Haaren und erhobener Faust.

Als Realist habe ich aber noch über 15 Jahre bis zur Rente. Natürlich werde ich von Fall zu Fall entscheiden müssen, ob ein Spieleprojekt mit Nutzung von KI-Assets meine persönliche Schmerzgrenze überschreitet oder nicht. Erst kommt die Moral, aber ganz kann ich das Fressen nicht vergessen.

Zum Abschluss: mir ist natürlich klar, dass auch dieser Text von einigen Leuten hingestellt wird als „du hast doch nur Angst, von der KI ersetzt zu werden“. Da kann ich nur sagen: mit Leuten, die begeistert meine Tätigkeit durch eine KI ersetzen, will ich gar nicht erst arbeiten. Und wenn KI-Output die Qualität der ganzen Medienerzeugnisse immer weiter banalisiert, gleichmacht und in Langeweile stagniert – dann gebt diesen Leuten die Schuld, aber nicht den Kreativen.

Oder fangt, wie ich, jetzt schon an, den ganzen KI-Schlonz laut und kehlig auszulachen, wenn ihr ihm begegnet.